Aktuelles und Presse

20.06.2009 EJZ

„Rechte in jeder Klasse“

MTV-Moderator Markus Kavka sprach mit BBS-Schülern über Rechtsradikalismus

ac Lüchow.Wenn ältere Erwachsene den Namen Kavka hören, denken sie meist an den Schriftsteller, der sich mit „f“ schreibt. Der Kavka mit „v“ - Markus Kavka - hingegen ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen bekannt wie ein bunter Hund, schließlich flimmert der Moderator und Buchautor unter anderem beim Musiksender MTV über die Mattscheibe und legt als DJ in Clubs auf.
Nun war er an den Berufsbildenden Schulen (BBS) in Lüchow mit dem Projekt „Stoerungsmelder on tour“ des Vereins „Gesicht zeigen!“ zu Gast.
Die Internetseite „www.stoerungsmelder.org“ ist ein Weblog gegen Rechtsextremismus, ein Diskussionsforum für Menschen, die über Nazis reden wollen. Kavka ist Mitinitiator dieser Seite. Beim „Stoerungsmelder on tour“ suchen er und andere Prominente das Gespräch mit Schülerinnen und Schülern vor Ort, auf Augenhöhe. Bei Kavkas Besuch im Rahmen der Projekttage an den BBS stand vor allem rechtsradikale Musik im Mittelpunkt der Dialoge. Grund: Neonazis versuchen schon seit langem, mit Musik Einfluss auf Jugendliche zu nehmen, und verteilen auf Schulhöfen Musik-CDs mit ihrem Gedankengut.
„Über Musik erreicht man viele Jugendliche. Texte prägen sich ein. Und alles, was für jeden Musikstil gilt, gilt auch für rechtsradikale Musik“, sagt Johanna Schwarz, pädagogische Mitarbeiterin des Vereins „Gesicht zeigen!“. Darum sei es so wichtig, „Bescheid zu wissen“, und so informierten Kavka und Schwarz Schüler des ersten Berufsgrundbildungsjahres (BGJ).
Die Musik der Neo-Nazis umfasse ein breites Spektrum und reiche von Techno bis hin zu Punk. Anhand von Liedern der „rechten Musiker“ Frank Rennicke, „Annett“ und „Sleipnir“ analysierten Kavka und Schwarz mit den Schülern die Musik und die Texte. Zwei der Schüler räumten ein, diese Musik „eh zu hören, weil die nicht jeder kennt und ausspricht, was andere denken“. Viele der Schüler hatten sich aber noch nie mit dieser Musik auseinandergesetzt, „sind es leid, so etwas zu hören“, fanden es aber „total interessant“. Auch für Markus Kavka enthielt der Nachmittag Neues. „Noch nie ist es vorgekommen, dass mir in einer Klasse ein Schüler mit einem Thor-Steinar-Sweatshirt gegenüber sitzt“, sagt Kavka. Das Tragen solcher Kleidung ist unter anderem im Deutschen Bundestag verboten, denn es ist ein Erkennungsmerkmal der rechtsextremen Szene.
Auch an einer „Schule ohne Rassismus“ - diesen Titel tragen die BBS - müssten solche Symbole verboten sein, prangerten einige Schüler an. Üblich sei jedoch, die Symbole im Unterricht abzukleben und in der Pause das Klebeband zu entfernen. Positiv ist Kavka aufgefallen, dass die Schüler sich gegenseitig zuhörten. Man könne niemanden an einem Tag bekehren. „Ziel ist, in Gespräche zu verwickeln und sich untereinander zu informieren und so Denkprozesse in Gang zu setzen“, sagt Markus Kavka. In fast jeder Klasse gebe es Rechtsextreme, die ausgegrenzt und nicht für voll genommen werden oder vor deren Umfeld die Mitschüler Angst haben. Die BBS sind die ersten in Niedersachsen, an der das Projekt aus Berlin vorgestellt wurde. Das Bundesministerium für Justiz fördert „Stoerungsmelder on tour“ finanziell. Die Prominenten beteiligen sich ehrenamtlich.
Organisiert haben die Aktion Kerstin Klupsch-Jandt von den niedersächsischen Kooperations- und Bildungsprojekten (NiKo) und die Lehrer Ute Görzen, Ulrich Dechant und Ralf Schlegel.