23.12.2010
Zwischen Frustration und Sehnsucht
Die Schreibwerkstatt der Berufsbildenden Schulen präsentierte ihr Buchprojekt
ac Lüchow. Was kann man tun, wenn Schüler keine Lust aufs Schreiben haben? Eine Schreibwerkstatt zu gründen, scheint da ein eher merkwürdiger Einfall zu sein. Doch genau das tat Buchhändlerin und Sozialpädagogin Bärbel Wilgermein an den Berufsbildenden Schulen Lüchow (BBS). Und damit nicht genug. Ihr Ziel war es, gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern ein Buch zu schreiben. Am Dienstag wurde es an den BBS vorgestellt. „Buch ist vielleicht ein bisschen übertreiben", sagte Bärbel Wilgermein. „Ach, Mensch ...!" oder „Vorsicht! Mann und Frau" sei ein 34-seitiges „Büchlein" geworden.
Die Autoren sind 22 Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 bis 19 Jahren aus den Berufsvorbereitungsjahren Hauswirtschaft und Gastronomie sowie Ernährung und Gastronomie, die sonst kaum Texte schreiben. „Inhaltlich geht es um Frauen, Männer, das Miteinander und die Logik", sagte Schülerin Janin Heinrich bei der Buchpräsentation. Das Thema, ein selbst gewähltes, zu dem alle etwas zu sagen - oder besser - zu schreiben hatten.
Herausgekommen ist ein Einblick in das Denken der Schülerinnen und Schüler – in Form von Gedankensammlungen, Dialogen, Raptexten, Fotostorys und Alltagsbeobachtungen. Sie zeigen die Sehnsucht nach Verbundenheit, wahrer Freundschaft und einen Alltag, der oft anders aussieht, Frustration, Unverständnis und dem Wunsch nach einer gesicherten Zukunft.
In den Geschichten über die Zukunft eines fiktiven Paares, das sich an der Schule kennengelernt hatte, haben alle Kinder, eine gut bezahlte Arbeit und leben in einem schönen Haus. Doch nicht immer bleiben die Eltern zusammen.
Andere Texte zeigen, dass Männer und Frauen oft eine andere Sprache sprechen und unterschiedliche Rollenvorstellungen in Kulturkreisen, Klassen, Altersgruppen herrschen.
„Es ist spannend zu erfahren, was im Alltag der Schüler passiert", meinte Schulleiterin Burkhard-Liebig. Und Deutschlehrerin Claudia Papke fügte hinzu: „Manchmal hat mich gewundert, was Menschen denken, wie ihr Leben verlaufen könnte." Nachdenklich habe das Projekt allemal gemacht und für einen völlig neuen Blick auf die Schüler gesorgt.
„Anfangs klang die Schreibwerkstatt für mich wie Nachhilfe in Deutsch, kostenlos und unverbindlich", erinnert sich Claudia Papke. Dann erst sei ihr klar geworden, welchen Umfang das Projekt habe, und jetzt sogar ein Buch in den Händen zu halten, sei ein beachtlicher und nicht erwarteter Erfolg. „Ich finde, es ist ziemlich gut geworden", sagt Maria-Monique Schwenke.
Die Schreibwerkstatt ist ein Projekt der „WeibsBildung" Lüchow im Rahmen von „Stärken vor Ort".
Stolz auf ihr Büchlein sind (von links): Elvis Krasniqi, Xenia Zaytseva, Michael Sterl, Janin Heinrich, Vanessa Klonowski, Maria-Monique Schwenke und Stefan Heidtke.
Aufn.:A. Carmienke